Der deutsche Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, steht vor einer Phase tiefgreifender Veränderungen. Für Unternehmerinnen und Unternehmer, die über Jahrzehnte ihr Lebenswerk aufgebaut haben, rückt die Frage der Nachfolge und des potenziellen Verkaufs ihres Unternehmens immer stärker in den Fokus. Dies ist nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern zunehmend auch eine strategische Notwendigkeit, getrieben durch eine einzigartige Konvergenz von Marktdynamiken und demografischen Entwicklungen. Das Verständnis dieser Kräfte ist entscheidend, um den richtigen Zeitpunkt und die optimale Strategie für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf zu wählen.
Die aktuelle Dynamik im deutschen M&A-Markt
Das Jahr 2024 zeigte sich für Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) in Deutschland zunächst verhalten. Globale Herausforderungen wie geopolitische Spannungen, ein unsicheres Zinsumfeld, bedeutende politische Wahlen und die strukturelle Transformation der deutschen Industrielandschaft prägten das Marktgeschehen.1 Das strategische M&A-Transaktionsvolumen sank im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent auf 65 Milliarden US-Dollar.3 Auch die Anzahl der Transaktionen ging 2024 leicht um 3 Prozent zurück, nachdem sie bereits 2023 um 6 Prozent gefallen war, wobei insbesondere Venture-Capital-Deals stärker betroffen waren (-14 Prozent).4
Trotz dieser Zurückhaltung zeigt der Markt eine bemerkenswerte Resilienz. Der Rückgang der Transaktionszahlen hat sich signifikant verlangsamt 4, was auf eine gewisse Bodenbildung und aufgestautes Potenzial hindeutet. Dies stützt die optimistischen Prognosen vieler Experten für das Jahr 2025.1 Der deutsche M&A-Markt, insbesondere der starke Mittelstand mit seiner hohen Dichte an Familienunternehmen, birgt weiterhin großes Potenzial, gerade auch für Private-Equity-Investoren, die hier bisher noch vergleichsweise unterrepräsentiert sind.2 Deutschland bleibt mit einem Anteil von 71 Prozent der Transaktionen im ersten Halbjahr 2024 der Hauptakteur in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).6
Ein genauerer Blick auf die Transaktionsdaten offenbart eine interessante Struktur: Während kleinere und mittlere Transaktionen (Small- und Mid-Cap, typischerweise unter 100 Millionen Euro) den Großteil der Anzahl der Deals ausmachen (über die Hälfte der analysierten Transaktionen lagen zwischen 10 und 100 Millionen Euro), entfällt über 60 Prozent des registrierten Gesamtvolumens auf wenige, sehr große Transaktionen über 500 Millionen Euro.4 Für den typischen Mittelständler bedeutet diese Konzentration des Kapitals auf Großtransaktionen, dass die eigene Attraktivität und eine professionelle Vorbereitung entscheidend sind, um im Wettbewerb um das Interesse potenzieller Käufer zu bestehen und nicht in der Masse unterzugehen. Es reicht nicht aus, nur "auf dem Markt" zu sein; das eigene Unternehmen muss herausstechen.
Der demografische Wandel als Katalysator für die Nachfolgeplanung
Parallel zur Marktdynamik wirkt eine unaufhaltsame Kraft: der demografische Wandel. Eine ganze Generation von Unternehmerinnen und Unternehmern, die sogenannten Baby-Boomer (geboren bis etwa 1964), erreichen in den kommenden Jahren das Rentenalter.8 Die Zahlen sind eindrücklich: Bereits heute sind 30 Prozent der Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland 60 Jahre oder älter, weitere 21 Prozent sind zwischen 55 und 59 Jahre alt.8 Das Durchschnittsalter liegt aktuell bei über 53 Jahren, verglichen mit 45 Jahren im Jahr 2003.8 Bis zum Jahr 2035 wird somit rund die Hälfte aller Mittelständler das Pensionsalter erreichen.
Dies führt zu einer beispiellosen Welle an anstehenden Unternehmensnachfolgen. Schätzungen gehen von jährlich 125.000 bis 190.000 Unternehmen aus, die bis 2026/2027 zur Übergabe anstehen.10 Drei Viertel der Unternehmer geben Altersgründe als Motiv für die Übergabe an.8 Dieser massive demografische Druck stellt nicht nur eine immense Herausforderung dar, sondern schafft auch eine besondere Chance für diejenigen Unternehmer, die sich frühzeitig und strategisch auf den Verkauf vorbereiten. Da potenziell viele Unternehmen gleichzeitig auf den Markt drängen könnten, während die Zahl qualifizierter Nachfolger begrenzt ist 9, wird eine exzellente Vorbereitung – von der realistischen Bewertung über die Optimierung der Werttreiber bis hin zur professionellen Vermarktung – zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Demografie zwingt zu strategischem Handeln und belohnt diejenigen, die proaktiv agieren.
Chancen für verkaufsbereite Unternehmer
Das aktuelle Marktumfeld bietet trotz verbleibender Unsicherheiten attraktive strategische Möglichkeiten für verkaufsbereite Mittelständler. Die M&A-Prognosen für 2025 sind überwiegend optimistisch.1 Private-Equity-Gesellschaften (PE) verfügen über rekordhohe Kapitalreserven ("Dry Powder"), die global auf rund 3,7 Billionen US-Dollar geschätzt werden und investiert werden müssen.12 Gleichzeitig verfolgen viele strategische Käufer eine "Transact to Transform"-Agenda, bei der sie M&A nutzen, um ihre Geschäftsmodelle anzupassen und zukunftsfähig zu machen.1 Hinzu kommt ein steigendes Interesse ausländischer Investoren, insbesondere aus den USA und Großbritannien 13, sowie von vermögenden Privatinvestoren und Family Offices, die zunehmend als Nachfolger für den Mittelstand in Erscheinung treten.15
Dieses Zusammentreffen von demografisch bedingtem Verkaufsdruck auf der einen Seite und hohem Investitionsinteresse verschiedener Käufergruppen auf der anderen Seite schafft ein dynamisches Umfeld. Unternehmer, die jetzt handeln, ihr Unternehmen professionell aufbereiten und attraktiv positionieren, können von diesem "Window of Opportunity" profitieren. Sie haben die Chance, ihr Lebenswerk zu sichern, den Unternehmenswert zu realisieren und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des Betriebs zu stellen, bevor der Markt möglicherweise von Angeboten überschwemmt wird oder sich das wirtschaftliche Umfeld wieder eintrübt.